4. Jona-Predigt

 IV. Predigt über den Propheten Jona: Jona 2.11

 

 

Jona 2.11

Und der Herr sprach zum Fisch, und derselbe speite Jona aus ans Land.

Nunmehr werdet ihr es aus dem Worte Gottes gerne vernehmen, meine Geliebten, wie Jona ans Land gekommen ist. Solches zu vernehmen ist auch herzerhebend, denn dem einen muss es zum Trost dienen, dass er dessen gewiss werde, er sei auch ans Land gekommen, dem anderen zum Trost, dass auch für ihn noch Hoffnung da ist, er werde doch einmal aus den Fluten und aus der Hölle heraufgebracht werden, seinen Gott ewig zu loben, wenn auch jetzt noch alles ihm den Glauben und die Hoffnung rauben will! Deshalb ist es mir sehr erwünscht, diesen Gegenstand mit euch zu behandeln:

Zum Eingang bringe ich euch darum folgenden Ausspruch aus dem Munde des Herrn: Meine Hand hat alles gemacht was da ist, spricht der Herr. Und ich sehe an den Elenden und der zerbrochenen Geistes ist und der sich fürchtet vor meinem Wort. Zwei Beispiele aus der Heiligen Schrift, das eine einer Frau, das andere eines Mannes, mögen euch zum Belege dienen, wie teuer solches Wort des Herrn ist. Mirjam, die Schwester Moses und Aarons, sonst eine Prophetin, hatte sich in ihrem Eifer für das Gesetz der Werke, der Sünde und des Todes aufgelehnt gegen Mose, weil er eine Mohrin zum Weibe genommen hat. Da Mirjam solches tat, lehnte sie sich aber auf gegen das Gesetz der Freiheit, gegen das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesu, und sie hatte darin Aaron zum Gehilfen. Darum ergrimmte der Zorn des Herrn über sie, die Gnade Christi wich von der Hütte, und Mirjam stand da geschlagen mit der fürchterlichsten aller Plagen: Mit dem Aussatz, dass sie aussätzig war wie der Schnee! Moses, welcher aus Erfahrung wusste, was man leidet, wenn man sich nicht so wie man ist der Gnade Christi ergibt, schrie und sprach: Ach Gott, heile sie! Und der Herr wollte sie heilen. Aber Mirjam musste es selbst noch mal durch und durch erfahren, dass der Herr den Elenden ansieht. Sie musste darum von ihrem Gesetz, wofür sie geeifert hatte, verdammt werden und  sieben Tage aus dem Lager verschlossen sein – wie Jona drei Tage verschlossen war in dem Bauche des Fisches! In diesen sieben Tagen musste sie es lernen, in Gottes Sabbathruhe hineinzugehen als eine Aussätzige. Selig sollte sie allerdings werden, darum zog auch das Volk nicht weiter, bis Mirjam aufgenommen ward. Aber selig sollte sie werden als eine Aussätzige, als eine Elende, als eine – ja, wie soll ich sie heißen? Das Gesetz, Aaron selbst spricht es am besten aus, wie sie hat selig werden müssen: Als wie ein Totes, spricht er, das von seiner Mutter Leibe kommt; es ist schon die Hälfte seines Fleisches gefressen.

Saulus, später hieß er Paulus – das ist deutsch: der wenig, gering ist – ein Gelehrter in der Schrift wie es keinen nach ihm gegeben hat, hatte sich auch in seinem Eifer für Moses, in seinem Eifer für das Gesetz der Werke, der Sünde und des Todes, aufgelehnt wider das Gesetz der Gnade. Die Gemeinde des Herrn war in seinen Augen eine Mohrin, die man verbannen oder töten musste. Und da er so eiferte für das Gesetz, war es doch nichts anderes, als dass er auch gegen Mose wütete, der gesagt hat: Einen Propheten wie mich wird der Herr euch erwecken aus der Mitte eurer Brüder, denselben sollt ihr hören! Und er wütete gegen das Gesetz selbst, dessen Zweck eben dieser Prophet, Jesus von Nazareth, war. Nachdem er aber zu Boden geworfen war von dem Herrn und mit Blindheit geschlagen wurde, erging es ihm wie Mirjam und wie Jona: Drei Tage war er nicht sehend und aß nicht und trank nicht. Und wisset ihr, wie er sich in diesen drei Tagen hat kennen gelernt? O wie lieblich und tröstlich ist das Bekenntnis, welches er von sich selbst bekannt hat! Höret, womit er sich vergleicht, wenn er die Korinther lehren will, dass Jesus von den Toten auferstanden und nach Seiner Auferstehung von Seinen Jüngern gesehen worden ist: Am letzten nach allen, bezeugt er, ist Er auch von mir, als einer unzeitigen Geburt gesehen worden. Was meint er mit diesen Worten unzeitigen Geburt? Er dachte an Mirjam. Und er will sagen: Da unser Herr Jesus mir erschien und ich das Gesetz Seiner Gnade erkannte, da war ich als wie ein Totes, von welchem, wo es von seiner Mutter Leibe kommt, schon die Hälfte seines Fleisches gefressen ist.

Diese zwei Beispiele zum Eingang, wie elend die Elenden sind, welche der Herr ansieht und welcher Art ihr Ansehen ist, wenn sie errettet ans Land kommen. Nun wollen wir es an Jona selbst noch näher in’s Auge fassen.


 

Und der Herr sprach zum Fisch, und derselbe speite Jona aus ans Land.

So ist denn Jonas Gebet zum dem Gott seines Lebens nicht vergeblich gewesen. Und unsere Geschichte ist ein neuer Beleg zu der Wahrheit, welche die tief bekümmerte Hanna, errettet aus ihrer Seelennot, in ihrem Lobliede aussprach: Er tötet, auch macht Er lebendig; Er führt zur Hölle, Er führt auch wieder heraus! Jonas Gebet in dem Bauche des Fisches war von dem Herrn, und die Erhörung des Gebets war schon bereitet, bevor Jona noch geboren war. Es ist ein sicherer Beweis des Lebens, ein Beweis, dass die tiefbekümmerte Seele ihre Bitte, die sie bittet von dem Herrn, auch bekommen wird, wenn sie mal anfängt zu schreien, zu wimmern und zu girren! Anfängt zu ringen und zu klagen, zu rufen ohne Rast: Lass mich leben, dass ich dich lobe! Was hast du an meinem Tod? Wenn die Not so arg ist, dass man es wohl für gewiss halten muss, hier ist in Ewigkeit keine Errettung möglich, wenn der Herr es nicht tut, so wird der Herr alsbald das Gelübde in das Herz legen: Ja, willst du mich noch aus dieser Not erretten – was ich freilich für unmöglich halte, denn was sollte ein durchaus so Ungerechter wie ich bin, bei einem solchen gerechten und heiligen Gott wie du bist länger verweilen – willst du mich aber dennoch aus dieser meiner Hölle noch mal herausbringen, so wirst du mein Leben lang und in Ewigkeit mein Gott sein! Es muss mit allen Elenden, die hernach in der Herrlichkeit Gottes, in der Herrlichkeit Seiner Errettung allein Herrlichkeit sehen, erst dahin kommen, dass sie bekennen: Es ist mit mir ein Garaus, das Heil ist des Herrn. Dahin bringt es aber der Herr mit ihnen, auf dass sie Seiner Heiligkeit und Seligkeit auf ewig teilhaftig seien und in Gottes Wegen bleiben, wie verkehrt und verdreht sie auch an und für sich selbst sind. Denn sollen wir in Wahrheit belehrt sein, dass das Heil nicht unser ist, nicht des Fleisches ist, nicht des Gewilltseins oder Laufens ist, sondern des erbarmenden Gottes allein ist, so werden wir wohl zuvor unsrer großen und schrecklichen Not wegen es drauf und dran geben müssen, das Heil noch anderswoher zu erwarten. Es ist uns dann ergangen wie Jona da er im Bauche des Fisches war, also in der Macht des Todes und der Hölle lag: Da war keine Errettung mehr möglich, denn allein von demselben Gott, dessen Wogen und Wellen über ihn hergingen! Aber dieser Gott errettet auch zuletzt ganz wunderbarlich. Das tut Er um Seines lieben Sohnes willen, der gesagt hat: Du wirst meine Seele in der Hölle nicht verlassen! und wiederum: Du tust mir kund den Weg zum Leben. Er, der den Brüdern in allem gleich gemacht wurde, auf dass Er barmherzig würde und ein treuer Hoherpriester, zu versöhnen die Sünde des Volkes, der allenthalben versucht wurde gleich wie wir, lernte es in den Tagen Seines Fleisches von der Geschichte Jonas, dass Er für Sein armes und elendes Volk drei Tage und drei Nächte in dem Herzen der von Gott verfluchten Erde als Fluch und Sünde, als des Todes und der Hölle Beute liegen müsse und alle die schrecklichen Anfechtungen für uns würde durchzumachen haben. Er wusste aber, dass Er es für das erwählte Volk tun würde, welches in der Hölle, in der Macht der Sünde und des Todes sich befand. Er wusste auch, dass es der Wille des Vaters war, dass durch Sein von der Hölle Verschlucktsein die Hölle und der Tod selbst zum Siege verschluckt werden sollten. Und sie sollten errettet sein auf ewig in Seinen Armen, die in den Banden des Todes und der Hölle lagen. Darum sprach Er durch den ewigen Geist zu Seinem Vater: Du wirst meine Seele nicht in der Hölle verlassen! – als wollte Er sagen: Du weisst es, dass ich nach deinem Willen zur Hölle fahre, um die Elenden zu erretten, darum wirst du wohl mitten in solcher Hölle meine Seele bewahren. Darum traue ich es dir auch zu, dass, ob ich gleich den Pfad nicht weiss, aus solcher Macht und Banden des Todes hinwegzukommen, du aber den Pfad zum Leben mir dann wirst kund tun, dass ich meine Erlösten, die da liegen in Schatten und Banden des Todes, mit mir hinaufgebracht habe.

Und dieses du wirst meine Seele nicht in der Hölle verlassen und du tust mir kund den Weg zum Leben wirkt Er durch Seinen Geist hinein in das Herz aller Seinen, die mit Seinem teuren Blut erkauft sind, so dass sie auch solchen Glauben bekommen, um es in Ihm, dem mit Sieg gekrönten Haupte, wenn auch mit Zittern und Beben, mitten im Bauch der Hölle auszusprechen: Du wirst meine Seele nicht verlassen; dennoch werde ich den Tempel deiner Heiligkeit wiedersehen. Da können sie denn auch nicht anders, als dass sie anfangen zu schreien zu dem Herrn. Und bekommt man dann, wenn man alle Hoffnung auf Errettung drangegeben hatte, den Herrn wieder zu Gesicht, so ist es auch der Herr allein, in dem man den Weg zum Leben, zum Ausgang aus dieser Macht der Bande des Todes erblickt. Und indem man es gewahr wird, dass das Heil allein des Herrn ist, erfährt man auch dasselbe was Jona erfuhr: Der Herr sprach zu dem Fisch. Konnte denn das Ungeheuer, das gar kein Organ für Gottes Stimme zu haben scheint, dennoch Gottes Stimme vernehmen? O gewiss, so gut wie ein Hund seines Herrn Stimme vernehmen und seinen Willen verstehen kann, ebenso konnte das Seeungeheuer die Stimme seines Schöpfers vernehmen und Seinen Willen verstehen. Prächtig lautet es, wie es die Züricher Bibel übersetzt: Es hat nach dem der Herr dem Fisch geheißen. Dieses nach dem spricht das Ende des Streits aus und des Leidens, welches Jona gelitten hat. Das Ende seines Ringens, seines Verzagens, seiner namenlosen Angst, seiner Ratlosigkeit. Ja, seiner Verzweiflung worin er gewesen ist, da ihm das Wasser des Zornes bis an die Seele gestiegen ist. Dieses nach dem ist wie ein Lichtstrahl in der Finsternis zum Trost aller Angefochtenen. Jesus Christus ist gestern und heute derselbe bis in alle Ewigkeit. Also wenn Streit und Leiden da sind, wenn Not, Angst, Ratlosigkeit und Verzweiflung sich auftürmen, und die Glieder wie zusammengebunden liegen in der Macht der Hölle, so dass der Elende gekrümmt ist in dem Bauch seiner Not, und es kommt dann, wo nun gar alle Aussicht auf Errettung verschwunden ist, ein Hilferufen zu dem allmächtigen Erbarmer, der doch inmitten des Zorns der Gnade kann eingedenk sein: Alsbald müssen Tore und Riegel zerspringen, alsbald muss der Teufel seinen Fang wiedergeben, die Hölle ihre Beute lassen, und es muss eine vom Satan gebundene Tochter Abrahams wieder aufrecht gehen in der Gesundheit ihres Erretters, dessen Händeauflegung zur Wiederherstellung gar eine andere Macht hat als die Macht der ganzen Hölle zur Vernichtung. Und hat Er die Sünden, wer wird noch Sünden vorrücken können?


 

Kein Seeungeheuer, keine Hölle, kein Tod, keine Gebundenheit in Sünde hat weiter Macht oder Gewalt, wenn der Herr spricht: Lass meine Gefangenen los! Die Hölle muss bersten oder diese wiedergeben. Das sollte uns doch für immer guten Mutes machen, dass wir ein fröhliches, vergnügtes Leben führen mögen, da wir wissen, dass es der Hölle ganz übel dabei wird, wenn sie die Elenden Gottes verschluckt hat. Die mit Christi Blut von Ewigkeit erkauft sind taugen einmal nicht in dem Bauche der Hölle! Die Hölle denkt wohl einen guten Fang an ihnen zu haben, aber sie kann den lebendigen Heiland so wenig in ihrem Bauche ausstehen, dass sie, ob auch der Sünder wohl ihr munden möchte, eines losgekauften Sünders wegen doch mehr Angst des Todes im Leibe haben wird, als der Elende selbst dabei mag geängstet sein. Und fängt er erst an zu schreien und zu bekennen: Das Heil ist des Herrn, so wird es ihr gar übel zum Tode! Und spricht dann Er, dessen Name ist Ihr Erlöser ist stark: Gib wieder deine Beute, alsbald krümmt sich zu Seinen Füßen der mächtige Leviathan, bittet für sich selbst um das Leben und speit den mit Gott Ringenden aus, sei’s auch mit Widerwillen und starkem Sträuben. Aber er muss, denn das Wort ist erschallt: Ich will sie erlösen aus der Hölle, ich will sie erretten vom Tode! Tod, ich will dir ein Gift; Hölle, ich will dir eine Pestilenz sein!

Aber was sage ich er speiet ihn aus? Ja doch, so lesen wir: Und er (der Fisch) speiete Jona aus ans Land. – So vernehmen wir denn, wie Jona an’s Land gekommen ist, nämlich ebenso wie Mirjam, das heisst deutsch Ihre Widerspenstigkeit, aufgenommen wurde in dass Lager Gottes. Sie wurde aufgenommen, als hätte ihr Vater ihr in das Gesicht gespieen, was wohl die äußerste Schmach ist. Jona befand sich, wie Paulus sich befand, da ihm der Herr erschienen war. Jona, Mirjam und Paulus, und alle die zu dem Häuflein der Heiligen Gottes gehören, kommen ans Land wie ein Totes, das von seiner Mutter Leib kommt, es ist schon die Hälfte seines Fleisches gefressen. Jona kam ans Land als ein Ausgespieener, als ein Auswurf aus der Hölle. Wie verschieden war dieser Jona von dem vorigen Jona. Früher war er fett und stark, früher konnte er so heilig, so gravitätisch einhergehen, er konnte mit dem Haupte in den Wolken wandeln. Wie hübsch waren früher seine Kleider, da konnte er goldene Schellen der Heiligkeit an dem Saum seines Rocks tragen, dass alle den Klang hörten und von ihm sagten: Da geht er, da kommt er. Und ach wie sah er jetzt aus: Hatte er noch Gestalt oder Schönheit? Hätte sein ganzes Volk der Juden ihn in diesem Zustand erblickt, sie würden sich gewiss gefragt haben: Ist das Jona, ist das ein Prophet Gottes, ist das ein Christ? Dahin war seine ganze Zierde, alle seine Herrlichkeit. Wie war er so ganz verändert binnen drei Tagen und drei Nächten! Seine Gestalt war zerfallen und wie von einer Motte zerfressen. Abgehärmt und abgemagert von dem Fasten und der Angst des Todes, kam er zum Vorschein. Er sah aus wie einer der aus dem Grabe gekommen ist. Alle seine Kleider, der ganze heilige Prophet, war ein Schlamm und Speichel, dazu überschüttet von einer großen Wasserwoge, womit die Hölle ihn ausgeworfen hatte. So sah er denn schlimmer aus als noch je zuvor; sündiger war er als je zuvor, elender und hilfloser, unreiner und befleckter, als da er zum ersten Mal bekehrt wurde! Ach er konnte vor Scham und Schande seinen Mund nicht auftun. Er war wie ein kahler unfruchtbarer Baum, zweimal erstorben und ausgewurzelt. Und was Paulus von einer Witwe sagt die in Wollüsten lebt, dass sie lebendig tot ist, ein ähnliches musste er zu seiner Beschämung von sich bekennen. Dass einer zuerst, wenn er bekehrt wird, tot liegt in Sünden und Missetaten, dass ein solcher gelegen hat in den Stricken des Todes in der Hölle, das ist einmal nicht anders! Dass aber ein Wiedergeborener, ein Bekehrter so weit von dem Felsen verschlagen wird, dass er in eine Tiefe hinabstürzt, die er nie zuvor gekannt, ja dass er in den Bauch der Hölle hinein gerät und als ein Gebundener des Satans sich nicht rühren noch bewegen kann, sich selbst mit all seinem Tun und Wollen, wie gerne er auch möchte, nicht mehr erretten kann, solches gereicht doch wohl zu seiner äußersten Schmach und Schande.

Jona kam also ans Land als ein Ausgespieener, als ein Auswurf der Hölle! Er hatte seine Heiligkeit in der Hölle lassen müssen und lag da auf dem Trockenen wie eitel Speichel und Schlamm. Die Hölle hat ihn nicht freigeben wollen, sie musste es aber! Denn das Gebet des Lebens war gekommen zu dem Gebet des Elenden! So stieß sie ihn denn aus, überwarf ihn aber dabei noch am Ende mit ihrem ganzen Geifer! Da lag er denn wie ein Frucht aus der Geburt geworfen, nicht wert ein Mensch zu heißen, wie ein Junges, dahingeworfen aus der Mutter, von der Gebärerin, die sich davon gemacht, verlassen, wie ein hilfloses Kind, das nicht weiss was es anzufangen hat. Aber nein, ein Kind denkt nicht: Er lag da, ein weiser, ein verständiger, ein denkender Mann; ein Mann der Gott kannte, der mit dem Herrn, mit den Engeln Umgang gepflogen hatte, der erleuchtet war, der den Geist Gottes empfangen hatte; und dieser denkende Mann war überworfen, überdeckt mit allem Schlamm des Abgrundes, so dass er vor den Menschen sich schämen und davon machen musste, oder mit allen Gefühlen: Ich bin es unwert, dass sie mich aufnehmen, ihre Hilfe anrufen, wie der elendeste Bettler es nicht braucht zu tun. Wo er auch hinkommen mochte, musste er seine Kleider ausziehen, nackt da stehen und froh sein, wenn man ihm mit etwas Wasser zur Reinigung, mit einem Kleide zur Verdeckung in Liebe entgegen kam.

Ich hätte seine Gespräche hören mögen, die er mit Frommen und Gottlosen, mit Reichen und Armen am Geiste, mit Heuchlern und Aufrichtigen, mit Ketzern und Irrenden, mit hohen Heiligen und kleinen Kindern in der Gnade gehalten haben mag, nachdem er so wunderbar erlöst war aus dem Rachen des Todes! Gehört möchte ich haben sein Zeugnis von sich selbst und von der Gnade Jesu, auch die Antworten, die er den Leuten gegeben hat, da er so schrecklich verunstaltet zum ersten Male wieder Menschen sah. Sie haben ihn natürlich gefragt: Wie heißt du, und wo kommst du her, und wodurch bist du so zugerichtet? Da hat er denn die ganze Wahrheit sagen müssen. Auch bekennen wie er hat heilig sein wollen, wie er aber dabei gesündigt hat, wie er also nicht mehr heilig sei, sondern Gott allein heilig ist – und dass er deshalb nunmehr in Wahrheit heilig sei, wie er auch aussehe, weil das Heil des Herrn ist.


 

Meine Geliebten! Ich habe euch mitgeteilt, wie Jona ans Land gekommen ist. Er ist ans Land gekommen als ein Auswurf der Hölle. Jona ist sehr glücklich dran gewesen, dass er über Bord geworfen und von der Hölle für eine Zeit verschluckt worden ist, denn es ist doch besser für eine Zeit als für ewig. Er ist sehr glücklich dran gewesen, dass es ihm aufgedeckt wurde, wie alles Fleisch, und sei es auch das eines Propheten Gottes, sich nicht beugen will unter das Wort von Gnade, denn in solchem Wege ist er mit der seligen Herrschaft der Gnade bekannt und unter diese Herrschaft geborgen worden. Wie schrecklich es ihm auch in der Hölle des Fisches gewesen, so hat er es doch mitunter noch gut gehabt in dieser Hölle, denn mitten in seiner Angst rief er es einmal aus: Dennoch werde ich den Tempel deiner Heiligkeit wieder sehen! Sodann aber hat er eben in aller Angst und Beklemmung den Geist des Gebets, des unaussprechlichen Seufzens zu Gott reichlich empfangen, und hat es also gelernt und erfahren, dass die Gnade ihren Thron mitten in unsrer Verlorenheit aufgerichtet hat. Er ist auch sehr glücklich dran gewesen, dass er so hart ausgestoßen und mit allem Schlamm überworfen ans Land gekommen ist. Denn diese Schmach und Schande hat er sein Lebtage nicht wieder vergessen können: Aus war es mit seinem Ruhm und Gott hatte die Ehre!

Er war aber auch glücklich, dass er so ans Land kam, wie er ans Land kam: Nämlich dass es geschah auf des Herrn Befehl zu dem Fische, denn so hatte er gelernt, dass wir, wer wir auch seien, zu unsrer Seligkeit nichts beitragen können! Von nun an war er der rechte Mann zu predigen: Der Herr tut es allein! Gott allein macht selig aus freiem Wohlgefallen! Wir aber wollen Seine Seligkeit nie und nimmer, und fahren Ihm immerdar in die Quere mit unserm Rat.

Es ist das aber nicht um Jona Willen allein geschrieben, daß er ans Land gekommen ist wie ein Auswurf der Hölle, sondern auch um unsretwillen! Wer meint, nach seiner Bekehrung hänge seine Seligkeit von seiner eigenen Heiligkeit und seinen guten Werken ab, lasse solchen Stolz fahren! Und wer meint, er könne mit Gott anfangen was er will und laufen wie er will, Gott müsse ihn dennoch selig machen, der wisse, dass Einer dort oben stärker ist als er. Derjenige aber, welcher in der Hölle der Not liegt, in der Sünde und der Anfechtung, der verstehe es, dass der Gott, der Jona aus dem Bauche des Fisches errettete, lebt, und dass Er das Schreien wohl hört und selbst alle Freiheit gibt in solcher Hölle zu beten: Erlöse mich von Blutschulden, o Gott, der du mein Gott und Heiland bist und – wenn auch in einem Schrei der Ohnmacht – auszurufen: Dennoch werde ich ihn loben; freue dich nicht, meine Feindin, dass ich darnieder liege, ich werde wieder aufkommen! Und so ich im Finstern sitze, so ist doch der Herr mein Licht. Ich will des Herrn Zorn tragen, denn ich habe wider Ihn gesündigt, bis Er meine Sache ausführe und mir Recht schaffe; Er wird mich an das Licht bringen, dass ich meine Lust an Seiner Gnade habe. Und ihr, die ihr versteht, was es heisst, wie ein Auswurf der Hölle ans Land gekommen zu sein, lasst euch dadurch, dass der Teufel euch fortwährend auf eigenem Ruhm festhalten will, den Ruhm nicht nehmen der gewaltigen Gnade, die sich an unsern Tod nicht kehrt, sondern gnädig ist weil sie gnädig ist. Gott und dem Lamme sei der Ruhm unsrer Seligkeit jetzt und immerdar! Amen.