RÖMER

Römer Kapitel 6 Teil IV

Römer 6.7-11

Denn wer gestorben ist, der ist gerechtfertigt von der Sünde. Sind wir aber mit Christo gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden, und wissen, dass Christus, von den Toten erweckt, hinfort nicht stirbt; der Tod wird hinfort über ihn nicht herrschen. Denn was er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben zu einem Mal; was er aber lebt, das lebt er Gott. Also auch ihr, haltet euch dafür, dass ihr der Sünde gestorben seid und lebet Gott in Christo Jesu, unserm Herrn.

 

Denn wer gestorben ist, der ist gerechtfertigt von der Sünde. – Der Beweis gründet sich auf die Natur und Wirkung des Todes. Wenn der Tod alle Regungen des Lebens still stellt, so müssen wir, die wir der Sünde gestorben sind, von den Regungen frei sein, welche dieselbe verspüren ließ, solange sie noch lebte. Gerechtfertigt heißt so viel wie freigesprochen und von der Knechtschaft erlöst. Denn wie der Freispruch des Richters den Angeklagten aller weiteren Last entledigt, so befreit uns der Tod von allen Verbindlichkeiten dieses Lebens, von welchen er uns loslöst. Das, was der Apostel hier schildert, findet sich nun freilich erfahrungsgemäß nirgends vollkommen vor. Dennoch hören wir hier keineswegs bloß eine leere Spekulation. Auf der andern Seite dürfen wir auch nicht verzagen, wenn wir nicht finden können, dass unser Fleisch schon völlig gekreuzigt sei. Denn dieses Werk Gottes wird nicht am ersten Tage, an welchem es anhebt, alsbald auch zu Ende geführt, sondern es wächst allmählich und erreicht in täglicher Zunahme sein Ziel. Als Ergebnis wollen wir demgemäß festhalten: Wer ein Christ ist, an dem müssen Anzeichen seiner Gemeinschaft mit dem Tod Christi sichtbar werden, deren Frucht ist, dass wir unser Fleisch gekreuzigt haben samt den Lüsten und Begierden. Im Übrigen wollen wir diese Gemeinschaft nicht deshalb als nicht vorhanden ansehen, weil wir spüren, dass die Reste des Fleisches sich noch regen. Vielmehr sollen wir eifrigst auf Fortschritte bedacht sein, bis wir das Ziel erreicht haben. Es ist gut, dass unser Fleisch fortwährend getötet werde, und es ist kein geringer Fortschritt, wenn es sein Herrschaftsgebiet mehr und mehr dem Heiligen Geist abtreten muss. Es gibt auch noch eine andere Gemeinschaft des Todes Christi, von welcher Paulus öfters, namentlich in 2. Korinther 4, redet: Das Tragen des Kreuzes, welchem die Gemeinschaft des ewigen Lebens folgt.

Sind wir aber mit Christo gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden, und wissen. – Diesen Gedanken wiederholt der Apostel, um eine Anknüpfung für den Vers 9 folgenden Ausspruch zu gewinnen, dass Christus, einmal von den Toten erweckt, hinfort nicht stirbt. Damit soll eingeprägt werden, dass das Streben nach einem neuen Leben einen Christen sein ganzes Leben lang beherrschen muss. Denn wir sollen Christi Bild an uns tragen sowohl in der Abtötung des Fleisches als auch im Leben des Geistes: Die erstere muss einmal für alle Zukunft geschehen sein, das letztere muss in aller Zukunft Bestand behalten. Nicht, wie wir schon gesagt haben, als ob unser Fleisch in einem Augenblick stürbe, aber wir dürfen in der Abtötung desselben nicht wieder rückwärtsgehen. Denn wenn wir wieder in unsern Unflat versinken, verleugnen wir Christus. Seine Genossen können wir nur durch ein erneuertes Leben sein, wie Er denn selbst ein unvertilgliches Leben besitzt: Der Tod wird hinfort über Ihn nicht herrschen. Darin scheint zu liegen, dass der Tod einmal über Christus geherrscht habe. Und in der Tat ist der Herr, als Er sich in den Tod dahingab, demselben in gewisser Weise gewichen und ist Seiner Macht unterworfen gewesen, doch so, dass des Todes Schmerzen Ihn nicht halten oder verschlingen konnten. Er hat selbst den Tod verschlungen ewiglich, da Er sich seiner Herrschaft für einen Augenblick unterwarf. In Summa: Christus, der jetzt Seine Gläubigen mit Seinem Geiste lebendig macht und ihnen Sein Leben durch geheimnisvolle Kraft vom Himmel her einflößt, hat durch Seine Auferstehung die Herrschaft des Todes überwunden, um alle die Seinen vom Tode frei zu machen.

Er ist der Sünde gestorben zu einem Mal. – Wenn es soeben hieß, dass Christi Vorgang uns für immer vom Joch des Todes befreit habe, so wird diese Wahrheit jetzt in den Dienst des eigentlichen Hauptgedankens gestellt, dass wir mit der Knechtschaft der Sünde fortan nichts mehr zu schaffen haben. Zum Beweise für diesen Hauptgedanken dient nämlich die Erinnerung an den Zweck des Todes Christi: Christus ist gestorben, um der Sünde ein Ende zu machen. Die Form der Rede müssen wir nun so verstehen, wie es in Rücksicht auf Christus allein möglich ist. Der Apostel kann nicht sagen wollen, Christus sei der Sünde gestorben, so dass er nun zu sündigen aufhöre. Dergleichen würde nur auf uns zutreffen. In Bezug auf Christus haben wir daran zu denken, dass Er den Tod erlitten hat um der Sünde willen, damit Er mit Seinem Lösegeld Kraft und Recht der Sünde zunichtemache. Sagt der Apostel nun: Christus ist gestorben zu einem Mal, so denkt er daran, dass Er mit einem Opfer eine ewige Erlösung erworben und mit dem Vergießen Seines Blutes die Gläubigen in Ewigkeit geheiligt hat (Hebräer 10. 12 & 14). Und dieses „zu einem Male“ soll auch in unserm neuen Leben zur Erscheinung kommen. Mag das geistliche Absterben in uns immerhin in allmählichem Fortschritt vor sich gehen – die eigentliche Entscheidung fällt doch zu einem Male, wenn Christus, der mit Seinem Blute uns dem Vater versöhnt, uns durch die Kraft Seines Geistes zugleich die Wiedergeburt zum neuen Leben schenkt.

Was er aber lebt, das lebt er bei oder in Gott. – Mag man die eine oder die andere Verdeutlichung vorziehen, der Sinn ist in jedem Falle: Christus lebt in Gottes ewigem und unvergänglichem Reiche ein über jeden Tod erhabenes Leben, dessen Abglanz in dem wiedergeborenen Leben der Frommen zu Erscheinung kommen muss. Dabei handelt es sich abermals nicht um bloße Nachahmung Christi, sondern um das Wirken Seiner Gnade. Der Apostel sagt nicht: Ihr seid mit Christus gestorben, also müsst ihr auch mit Ihm leben. Sondern er redet in Vers 8 vom Glauben. Und der Glaube stützt sich immer auf göttliche Zusagen. So sollen die Frommen glauben: Sind wir durch Christi Gnade dem Fleische abgestorben, so wird derselbe Christus die Erneuerung unseres Lebens auch zu Ende führen. Heißt es aber (Vers 8): Wir werden mit Christus leben, so will diese Zukunftsform uns nicht etwa bloß auf die letzte Auferstehung vertrösten, sondern uns den stetigen Fortschritt unseres Lebens für alle Zukunft vor Augen stellen.

Haltet euch dafür, dass ihr der Sünde gestorben seid und lebet Gott in Christo Jesu, unserm Herrn. – Jetzt kommt unsere Gleichgestaltung mit Christi Tod und Leben zu besonders deutlichem Ausdruck. Ist Christus einmal der Sünde gestorben und lebt Er nun in Ewigkeit für Gott, so wendet der Apostel diese beiden Stücke auf uns an und zeigt, wie wir in diesem Leben sterben können, wenn wir der Sünde entsagen. Und auch dies vergisst Paulus nicht zu betonen, dass, wenn unser Glaube nur einmal Christi Gnade ergriffen hat, die Macht der Sünde einen derartigen Stoß empfing, dass das von Gott geschenkte geistliche Leben in alle Zukunft Bestand behalten muss. Mag dabei immerhin die Abtötung des Fleisches nur anfangsweise vorhanden sein. Hätte aber Christus die Sünde in uns nicht ein für allemal getötet, so würde es Seiner Gnade an Kraft und Beständigkeit fehlen. Die Worte wollen uns zurufen: Haltet dafür, dass auch in euch geschehen sei, was Christus erfahren hat! Er ist einmal gestorben zur Vernichtung der Sünde – so seid auch ihr gestorben, so dass ihr nun ablasset, der Sünde zu dienen. Also müsst ihr in der begonnenen Abtötung täglich fortfahren, bis die Sünde gänzlich getilgt ist. Wie Christus erweckt ward zu unvergänglichem Leben, so seid auch ihr durch Gottes Gnade in ein neues Leben hinein geboren, welches ihr nun in Heiligkeit und Gerechtigkeit führen sollt, denn die Kraft des Heiligen Geistes, die euch erneuert hat, ist ewig und unverwelklich. Diese Erneuerung ist geschehen in Christus Jesus, nicht bloß durch Ihn. Wir sollen dessen gedenken, dass wir in Christus eingepflanzt und dadurch mit Ihm eins geworden sind.