Römer Kapitel 4 Teil VI

Römer 4.13

Denn die Verheißung, dass er sollte sein der Welt Erbe, ist nicht geschehen Abraham oder seinem Samen durchs Gesetz, sondern durch die Gerechtigkeit des Glaubens.

 

Der zuvor besprochene Gegensatz von Gesetz und Glaube empfängt jetzt noch schärferen Ausdruck: Entlehnt der Glaube keine Gerechtigkeit aus dem Gesetz, so kann er lediglich auf Gottes Gnade schauen. Es handelt sich also auch nicht etwa um den Gegensatz eines geistlich und wahrhaft geheiligten Lebens gegen äußerlichen Zeremoniendienst, sondern die Gerechtigkeit des Glaubens ist das Gegenteil alles eigenen Wirkens. Abraham hat die Verheißung der Erbschaft nicht durch Gehorsam gegen das ins Herz geschriebene Sittengebot verdient - denn von dem Gesetze des Buchstabens konnte ja vollends noch nicht die Rede sein - sondern er hat sie und in ihr die Gerechtigkeit im Glauben ergriffen. Der wahre Friede des Gewissens ruht nicht auf Rechtsansprüchen, sondern auf freier Gnade. Ist es aber so, dann gilt das auf Gottes Güte allein begründete Heil den Heiden nicht minder als den Juden.

Dass er sollte sein der Welt Erbe. – Warum werden wir, wo doch vom ewigen Heil die Rede ist, jetzt plötzlich auf die Erde zurückgeworfen? Indessen denkt Paulus bei diesem Ausdruck an die völlige, Leib und Geist umfassende Erlösung, welche Christus bringen wird. Die Hauptsache bleibt die Gabe des ewigen Lebens, aber auch der zerrüttete Zustand der ganzen Welt wird verwandelt werden. Auch in Hebräer 1.2 heißt Christus der Erbe aller Güter Gottes, weil der Stand der Kindschaft, in welchen wir durch Seine Gnade treten, uns den Besitz des ganzen durch Adam verlorenen Erbes zurückgibt. Und da unter dem Bilde des gelobten Landes dem Abraham nicht bloß das ewige Leben, sondern voller und umfassender Segen Gottes verheißen ward, so kann der Apostel mit Recht sagen, dass Er der Welt Erbe sein sollte. Davon genießen die Frommen einen Vorgeschmack in diesem Leben; selbst wenn sie zuweilen Mangel leiden, freuen sie sich der für sie geschaffenen Gottesgaben mit ruhigem Gewissen; gibt ihnen aber Gottes Gnade ein reichlicheres Teil, so nehmen sie dieser Erde Güter als Pfand und Angeld des ewigen Lebens hin. Keine Armut hindert sie, Himmel, Meer und Erde als ihr Eigentum zu betrachten. Mögen die Gottlosen die Reichtümer der Welt förmlich verschlingen - wirklich zu eigen gehört ihnen nichts. Denn was sie unter dem Fluche Gottes zusammenraffen, ist nur ein Raub. Den Frommen aber bleibt selbst bei einem dürftigen Leben der Trost, dass sie kein unrechtes Gut verzehren; der himmlische Vater gibt ihnen täglich ihr richtiges Teil, bis sie endlich ihr volles Erbe schauen werden, da alle Kreaturen zu ihrer Herrlichkeit dienen müssen.