Epheser Kapitel 1 Teil IV

Epheser 1.15-19

Darum auch ich, nachdem ich gehöret habe von dem Glauben bei euch an den Herrn Jesum und von eurer Liebe zu allen Heiligen, höre ich nicht auf zu danken für euch, und gedenke euer in meinem Gebet, dass der Gott unseres Herrn Jesu Christi, der Vater der Herrlichkeit, gebe euch den Geist der Weisheit und der Offenbarung zu seiner selbst Erkenntnis, und erleuchtete Augen eures Verständnisses, dass ihr erkennen möget, welche da sei die Hoffnung eures Berufs, und welcher sei der Reichtum seines herrlichen Erbes an seinen Heiligen, und welche da sei die überschwängliche Größe seiner Kraft an uns, die wir glauben nach der Wirkung seiner mächtigen Stärke.

 

Darum auch ich, nachdem ich gehöret habe von dem Glauben bei euch an den Herrn Jesum und von eurer Liebe zu allen Heiligen, höre ich nicht auf zu danken für euch. Diese Danksagung ist nicht allein ein Zeugnis von des Apostels Liebe zu den Ephesern, sie zeigt auch, wie er über sie urteilt. Denn, dass er in dieser Weise vor Gottes Angesicht sich rühmend über sie äußert, bedeutet für sie eine große Ehre. Bemerkenswert erscheint dabei, dass Paulus unter den Titeln des Glaubens und der Liebe die ganze christliche Vollkommenheit begreift. Er spricht vom Glauben an den Herrn Jesum, weil Christus das eigentliche Ziel und der Gegenstand des Glaubens ist. Die Liebe soll zwar alle Menschen umfassen: Hier ist sie aber zunächst Liebe zu allen Heiligen, weil eine rechte Liebe von diesem festen Mittelpunkt aus erst ihre weiteren Kreise zieht. Sieht doch christliche Liebe zuerst auf Gott, ordnet also ihre weiteren Gegenstände nach ihrem jeweiligen Verhältnis zu Ihm.

Und gedenke euer in meinem Gebet. Mit der Danksagung verhindert Paulus nach seiner Gewohnheit die Fürbitte, um die Gemeinde dadurch zum weiteren Fortschritt anzutreiben. War es zunächst nötig, die Epheser in der Zuversicht zu stärken, dass sie auf rechtem Wege wandelten, um sie dadurch gegenallerlei neue Lehren zu wappnen, so galt es nun auch, sie vorwärts zu treiben. Denn in geistlichen Dingen ist nichts gefährlicher als satte Selbstzufriedenheit. Es gibt keine Vollkommenheit, die uns vom Fortschritt entbinden dürfte. Was der Apostel nun seiner Gemeinde anwünscht, ist der Geist der Weisheit und erleuchtete Augen des Verständnisses. Hatten sie dieses denn nicht? Ja, aber sie mussten darin zunehmen, der Geist musste ihnen in immer reicherem Maße zugeteilt werden, und sie mussten immer mehr erleuchtet werden, um das, was sie schon hatten, immer fester und innerlicher zu besitzen. Denn die Erkenntnis der Frommen ist nie so klar, dass ihr geistlicher Blick gar nicht mehr getrübt und durchaus keine Dunkelheit mehr vorhanden wäre.

Gott heißt der Gott unsers Herrn Jesu Christi, weil der Sohn Gottes Mensch ward, damit Sein Gott auch unser Gott sein würde, wie Er dieses bezeugt in Johannes 20.17: Ich fahre auf zu meinem Gott und zu eurem Gott. Gott ist unser Gott, weil Er Christi Gott ist, an welchem wir als Glieder hängen. Dabei schwebt stetig die menschliche Natur Christi vor, welche der Gottheit sich unterordnet; daneben besteht ungeschmälert Seine göttliche Natur. Weiter heißt Gott der Vater der Herrlichkeit. Dieser Titel ergibt sich aus dem vorigen: Denn darin offenbart sich Gottes herrliche Vater-Art am greifbarsten, dass Er den Sohn in unsere Lage hineingab, um durch Ihn unser Vater zu werden.

Mit dem Geist der Weisheit und der Offenbarung wünscht Paulus der Gemeinde zugleich eben diese Gaben selbst. Dabei wollen wir uns einprägen, dass wirkliche Geistesgaben sich also niemals einfach aus natürlicher Begabung ableiten lassen, Die Augen unseres Herzens sind blind, bis der Herr sie öffnet. Alle unsere Weisheit ist nur Torheit und Unwissenheit, wenn wir nicht in der Schule des Heiligen Geistes unterrichtet werden. Unser Verstand ist unfähig, die göttliche Berufung zu erkennen, bis der Heilige Geist sie uns durch eine besondere Offenbarung erschließt.

Der Reichtum seines herrlichen Erbes. Schon diesem Ausdruck, welcher die unvergleichliche Herrlichkeit der Gottesgabe rühmt, können wir entnehmen, wie weit diese Offenbarung über unser Begreifen und Vermögen geht. Denn wenn der Apostel sagt, dass Gott die Größe seiner Kraft an uns offenbar gemacht hat, so ist dies wahrlich keine geringe Sache, zumal er von einer überschwänglichen Größe redet. Bei alledem verfolgt er das Ziel, die Epheser auf dem einmal betretenen Wege ihrer Berufung festzuhalten. Darum preist er immer wieder Gottes Gnade gegen sie, damit keine Gleichgültigkeit oder Geringschätzung sie verleite, abzubiegen. Uns aber mögen diese hohen Worte einen Hinweis geben, dass der Glaube als eine herrliche Gnadengabe Gottes gar nicht hoch genug gepriesen werden kann. Paulus ergeht sich ja nicht in gedankenlosen Übertreibungen, sondern will uns mit voller Absicht im Hinblick auf den Glauben und seine wahrhaft übernatürliche Bedeutung zu hoher Bewunderung der Macht unseres Gottes anleiten.

Nach der Wirkung seiner mächtigen Stärke. Noch immer kann Paulus sich nicht genugtun, das Gnadenwunder unserer Berufung zu preisen. Und gewiss zeigt sich darin eine wunderbare Kraft Gottes, wenn wir vom Tode zum Leben gebracht werden und aus Kindern des Verderbens Gottes Kinder und Erben des ewigen Lebens werden. Törichte Leute mögen hier eine leere Übertreibung finden: Wer aber die mannigfachen Gewissenskämpfe, welche die Frommen täglich durchzumachen haben, aus Erfahrung kennt, wird zugeben, dass Paulus keineswegs zu viel sagt. Bei der Erhabenheit des Gegenstandes lässt sich überhaupt nicht zu viel sagen: Und der Apostel wählt seine hohen Worte in Rücksicht auf unsere Neigung zu Kleinglauben oder Undankbarkeit. Denn entweder wissen wir den großen Wert des Schatzes, der uns im Evangelium angeboten wird, nicht zu würdigen, oder, wenn wir ihn erkannt haben, so können wir es uns nicht denken, dass er für uns bestimmt wäre: Denn wir finden in uns selbstkeinen Anknüpfungspunkt, sondern nur Widerstreben. Deshalb gibt Paulus sich auch so viel Mühe, um den Ephesern sowohl die Herrlichkeit des Reiches Christi anzupreisen, als auch ihnen den rechten Sinn und das rechte Verständnis für die göttliche Gnade zu wecken. Damit aber das Bewusstsein ihrer eigenen Unwürdigkeit sie nicht verzagt mache, fordert er sie auf, Gottes Macht ins Auge zu fassen. Er ruft ihnen zu: Eure Wiedergeburt ist ein Werk Gottes, und zwar kein gewöhnliches, sondern ein solches, bei dem Gott seine unermessliche Kraft in wundersamer Weise gezeigt hat. Die Ausdrücke, die er gebraucht, unterscheiden sich in folgender Weise: Die Stärke ist gleichsam die Wurzel, die Macht ist der Baum, die Wirkung die Frucht, gleichsam die Offenbarung des göttlichen Armes, wenn er sich bewegt, um zu wirken.