Zitate Dostojewski

Fjodor Michailowitsch Dostojewski

 

 

Und da gibt es noch reiche Leute, die es nicht leiden mögen, dass die Armen sich über ihr trauriges Los laut beklagen; „sie belästigen einen“, sagen sie; „sie sind aufdringlich!“. Ja, die Armut ist immer aufdringlich: Das Stöhnen der Hungrigen stört die Satten im Schlafe!

 

(Arme Leute)

 


 

[…] Diese geistlosen Vollstrecker des Gesetzes begreifen absolut nicht und sind nicht imstande zu begreifen, dass die bloße buchstäbliche Erfüllung des Gesetzes, ohne Nachdenken, ohne Verständnis für seinen Geist, gerade zu Unordnungen führt und nie zu etwas anderem geführt hat. „Es steht so im Gesetz; was will man noch weiter?“ sagen sie und sind aufrichtig erstaunt darüber, dass man von ihnen außer der Befolgung der Gesetze auch noch gesunde Vernunft und nüchternes Urteil verlangt. Besonders das letztere erscheint vielen von ihnen als ein überflüssiger, empörender Luxus, als eine Beschränkung, als Intoleranz.

 

Die Tyrannei ist eine Gewöhnung; sie ist mit Entwicklungsfähigkeit ausgestattet und entwickelt sich schließlich zu einer Krankheit. Ich bin der festen Überzeugung, dass auch der beste Mensch infolge von Gewöhnung so roh und stumpf werden kann, dass er auf die Stufe des Tieres herabsinkt. Blut und Macht haben etwas Berauschendes; es entwickeln sich Rohheit und Sittenlosigkeit; die unnatürlichsten Dinge werden dem Denken und Empfinden erträglich und zuletzt süß.

 

Jeder, wer er auch sei, und wie tief erniedrigt er auch sein mag, verlangt doch, wenn auch nur instinktiv und unbewusst, Achtung vor seiner Menschenwürde.

 

(Aufzeichnungen aus einem Totenhause)

 


 

Aber der Mensch besitzt eine solche Leidenschaft für Systematik und abstrakte Folgerungen, dass er es fertigbringt, wissentlich die Wahrheit zu verdrehen und mit sehenden Augen nicht zu sehen und mit hörenden Ohren nicht zu hören, um nur ja seiner Logik recht geben zu können.

 

Die Fehlerhaftigkeit unserer Wünsche kommt größtenteils von einem fehlerhaften Urteil über unsere Vorteile her. Wir wollen manchmal eben deswegen reinen Unsinn, weil wir nach unserer Dummheit in diesem Unsinn den leichtesten Weg zur Erlangung eines vermeintlichen Vorteils sehen.

 

(Aus dem Dunkel der Großstadt)

 


 

Siehst Du denn nicht, dass diese Menschen alle vor Stolz und Eitelkeit geradezu verrückt geworden sind?

 

(Der Idiot)

 


 

Was Rothschild eine Kleinigkeit ist, das ist für mich eine große Summe; aber was Gewinn und Profit anlangt, so geht das Streben der Menschen nicht etwa nur beim Roulette, sondern in allen Gebieten nur darauf, einander etwas wegzunehmen oder abzugewinnen.

 

Ein wirklicher Gentleman darf, selbst wenn er sein ganzes Vermögen im Spiel verlöre, sich nicht darüber aufregen. Das Geld muss so tief unter der Würde eines Gentlemans stehen, dass es kaum Wert erscheint, dass man sich darum kümmere.

 

(Der Spieler)

 


 

„Was meinen Sie mit ‚alte Geschichte‘? Vorurteile, und wenn es auch die allerunschuldigsten sind, abzulegen, ist keine alte Geschichte, sondern im Gegenteil zu allgemeiner Schande bis jetzt noch etwas Neues. Außerdem gibt es gar keine unschuldigen Vorurteile.“

 

(Die Teufel)

 


 

Es ist keine Sünde, arm zu sein; eine Sünde ist es, reich zu sein und anderen Unrecht zu tun…

 

(Erniedrigte und Beleidigte)

 


 

Du fühltest, dass Du einen anderen, breiteren Weg einschlagen musstest, dass dir andere Ziele vom Schicksal gesteckt waren; aber du wusstest nicht, wie man das angreifen muss, und in deiner Missstimmung warfst du einen Hass auf alles, was dich damals umgab. Deine sechs Jahre der Dürftigkeit und Armut sind nicht ohne gute Frucht geblieben: du hast zugelernt, du hast nachgedacht, du hast dich selbst und deine Kraft erkannt, du verstehst jetzt die Kunst und deine Bestimmung.

 

(Netotschka Neswanowa)

 


 

Blut vergießen sie alle; Blut wird in der Welt vergossen massenhaft wie ein Wasserfall und ist immer so vergossen worden; Blut wird vergossen wie Champagner, und für das Blutvergießen wird man auf dem Kapitol gekrönt und nachher ein Wohltäter der Menschheit genannt. Mach doch nur die Augen auf und sieh genauer hin!

 

(Schuld und Sühne)

 


 

Das Geld ist sicherlich eine politische Macht; aber zugleich ist es der größte Gleichmacher, und darin liegt seine Hauptstärke. Das Geld macht alle Ungleichheiten gleich.

 

(Werdejahre)